Slogan

"Ihre Zukunftspläne wurden ihr aus dem Kopf geschlagen"

Katharina studiert in einer Großstadt Design. Sie ist...  mehr ›


"Schutz vor Gewalt kann sie sich nicht leisten"

Haifa ist gemeinsam mit ihrem Ehemann und drei Kindern aus dem Irak...  mehr ›


"Verheiratet und verprügelt. Bis dass der Tod sie scheidet?"

Frau M. lebt seit zehn Jahren in einer bundesdeutschen Kleinstadt mit...  mehr ›


"Schutz vor Gewalt kann sie sich nicht leisten"

Haifa ist gemeinsam mit ihrem Ehemann und drei Kindern aus dem Irak nach Deutschland geflohen. Sie gehören einer urchristlichen Glaubensgemeinschaft an und werden deshalb im Irak verfolgt. Beide beantragen hier für sich und die Kinder Asyl und werden im Laufe des Asylverfahrens einer bayrischen Großstadt zugewiesen, d. h. sie dürfen nur dort wohnen und erhalten hier Leistungen nach dem Asylbewerber-leistungsgesetz. Unter den Eindrücken der Flucht, der Unsicherheit des Asylverfahrens und der zunächst durch das Arbeitsverbot erzwungenen Untätigkeit beginnt Haifas Ehemann, Probleme in der Familie mit Gewalt zu lösen. Er schlägt nicht nur Haifa, sondern wird auch den Kindern gegenüber mehr und mehr gewalttätig. Wenn sie sich von ihm trennt, sagt er, bringt er sie um.

Nach einem besonders brutalen Gewaltausbruch ihres Mannes ihr gegenüber, bei dem die Kinder Zeugen sind und bei dem der ältere Sohn vergeblich versucht, sie zu schützen, flieht Haifa mit den Kindern zu einer Freundin, die Kontakt zu den örtlichen Frauenhäusern herstellt. Beide Frauenhäuser sind belegt. Außerdem halten es die Mitarbeiterinnen nach den Morddrohungen des Mannes für zu gefährlich, das Haifa in der Stadt bleibt. Sie raten ihr, mit den Kindern weit weg zu gehen.

Haifa ist verzweifelt und am Ende ihrer Kräfte. Nicht nur das Asylverfahren zerrt an ihren Nerven, jetzt muss sie noch einen sicheren Platz für sich und die Kinder finden. Und nicht nur das: Sie muss bei der Ausländerbehörde vorsprechen, um die Möglichkeit zu erhalten, sich außerhalb der bayrischen Stadt bewegen zu dürfen. Sie findet nach mehreren Telefonaten mit verschiedenen Frauenhäusern einen Platz für sich und die Kinder in einem weit entfernt liegenden Frauenhaus in NRW.

Die Ausländerbehörde der Stadt in Bayern stellt zwar unmittelbar eine Erlaubnis zum vorübergehenden Verlassen des Duldungsbereichs aus, aber das Amt für Leistungsgewährung erklärt sich für nicht zuständig, da Haifa sich nicht mehr dort aufhält. Die Ausländerbehörde der Stadt, in die Haifa ins Frauenhaus geflohen ist, erklärt sich ebenfalls für nicht zuständig, da Haifa mit ihren Kindern der bayrischen Stadt zugewiesen sei. Im Frauenhaus müsste Haifa für sich und die drei Kinder pro Kopf einen Tagesmietsatz von 9,- € bezahlen, d. h. insgesamt pro Tag 36,- €. Damit hat sie aber noch kein Geld, um Essen zu kaufen oder für sonstige Sachen des täglichen Bedarfs. Das Frauenhaus verzichtet zunächst nicht nur auf die Miete, sondern stellt auch Geld aus Spendenmitteln zur Verfügung, damit Haifa und ihre drei Kinder etwas zum Essen haben. Außerdem bekommt sie Lebensmittel von der örtlichen Tafel.

Für Frauen, die wegen ihres Aufenthaltsstatus verpflichtet sind, sich in einer bestimmten Stadt aufzuhalten (Wohnsitznahmebeschränkung) ist es fast unmöglich, sich in ein Frauenhaus in einem anderen, sicheren Ort zu flüchten. Die Behörden des Herkunftsortes erklären sich in der Regel unzuständig für die Kosten des Lebensunterhaltes und des Frauenhauses - auch wenn sie der neuen Wohnsitznahme zustimmen. Das Gleiche gilt für die Behörden in der Stadt, in die sich die Frau geflüchtet hat. Sie verweisen darauf, dass die Herkunftsgemeinde für die Finanzierung der Frau (und ihrer Kinder) zuständig sei. Die Folge: Frauenhäuser mit hohen Tagessätzen können in der Regel keine Frauen mit Wohnsitznahmebeschränkung aufnehmen, weil sie auf den Kosten sitzen bleiben.

Dann beginnt ein monatelanges Gezerre zwischen der bayrischen Großstadt und Haifas neuer Heimatstadt über die Frage, wo Haifa sich aufhalten darf und wer die Kosten übernimmt. Auch das Sozialgericht wird eingeschaltet. Die Frauenhausmitarbeiterinnen gehen von Amt zu Amt, von Stelle zu Stelle und bitten um die Zustimmung, dass Haifa und ihre Kinder im Frauenhaus bleiben können. Nach 10 (!) Monaten stimmt die neue Heimatstadt Haifas endlich zu: Haifa und ihre Kinder können dort bleiben. Der Preis: das Frauenhaus muss auf den Großteil der Mietzahlung verzichten.